20. Die Sonne, ein Vorbild derselben.
Der Wesen Millionen um die Strahlenmutter kreisen
Und hocherfreut in lichter Wärme Mich den Schöpfer preisen.
Nicht unbekannt ist auch der Vater manchen Strahlengästen,
Auch nicht so manchen ausgedienten alten Weltenresten,
Die da in denen weitgedehnten Sonnenmeerestiefen
Von eingesog'nen Strahlensegen sonnehauchend triefen!
Die Sonnenerde, nicht so hart wie viele ihrer Kinder,
Ist lebend gleich des Weibes Brust und kennet ihre Gründer.
Es ist da sanft der Boden und gar weich die weiten Triften,
Die höchsten Berge ohne Fels und tiefberitzte Klüften,
Und ist der Boden, wie die Berge voll belebt von Wesen,
Die durch des Lichtes Macht der Erden Todesbande lösen!
Die Sonnenwelt der Sonne kreist in Aethers leicht'sten Fluthen;
Wie hell und stark das Licht allda, mag Niemand wohl vermuthen,
Und wer in diesem höchsten Strahlenglanze pflegt zu leben,
Das war zu schauen keinem fleisch'gen Auge noch gegeben. -
Ja ungewohnte Wundertiefen in dem Lichte wallen,
Die nimmerdar hinaus auf klein'rer Welten Triften fallen!
Wer kann mit seinem Aug' allhier das Licht der Sonne tragen,
Und wer, woher dieß mächt'ge Licht, Mir wohl recht kundig sagen?
O sieh', auf dieser lichten Sfäre ist gar hehr zu wohnen,
Nur allerreinster Kindlein Geister pflegen hier zu thronen,
Und eine allerhöchste Mutter thront in ihrer Mitte
Und lehret diese da des Vaters Lieb' und Weisheit Sitte.
O Sonne, Sonne, Trägerin der tiefsten Wundergrößen,
Die nie noch hat des größten Engels Geist erschöpft bemessen!
Da sieh' hinab zur dritten Tochter, Deiner kleinen Erde,
Da waidet sich auf mag'ren Triften eine arme Heerde;
Ich will darum aus deines Lichtes überreichen Tiefen
Belassen einen Tropfen nur hinab zur Tochter triefen!
Und dieser Tropfen wird da wohl zu reichlich nur genügen,
Daß alle Kindlein deiner Tochter in den stärksten Zügen
Daran zu trinken sollen haben für all' Zeit der Zeiten,
Und sollen sich darum nicht mehr um's Lebenswasser streiten.
O sieh', die Tagesmutter, wie ihr leuchtend Haupt sie neiget
Und Mir dadurch gehorsamlichst die alte Treu' bezeiget! -
O freue dich, du ganze Erde, auf das Licht der Sonne;
In diesem Lichte wohnt fürwahr der Weisheit höchste Wonne!
Es freut ja schon die Kindlein, in ein Werk der Kunst zu blicken,
Ich weiß, wie sehr die Räder einer Uhr sie all' entzücken.
D'rum will ich hier ein gar kunstvolles Werk euch zeigen,
Und auch das Schönst' und Größte darum nicht verschweigen.
Da werd't ihr schauen, was zu allermeist euch wird beglücken,
Wie sich da eure Kindlein hehr mit Lieb' und Weisheit schmücken,
Und wie sie sich da gegenseitig pflegen und belehren;
Auch dieß sollt ihr so gut wie mit den eig'nen Ohren hören. -
Und endlich will ich euch den hehren Trost auch nicht entziehen,
Wie eure Kindlein hier um euer Heil sich stets bemühen!
Doch Solches wird euch erst der größ're Sonnenfunke bringen,
Mit ihm werd't ihr erst dann in all die Wundertiefen dringen,
Dieß Lied ist nur ein Vorgesang zu jenen großen Gaben,
An deren Fülle ihr euch stärken werd't und wonnigst laben!
D'rum nehmet dieses Vorlied an mit wahren Liebesfreuden,
Denn Ich - der Vater pflege euch ja solches zu bescheiden. -
[PsG.01_020]