XVII. Psalm. Zu singen dem Herrn am Morgen des Tages.
" Die Sterne am Himmel noch feierlich glühen, der Abend umlagert noch ist mit dem nächtlichen Dunkel, umdüstert der Nord wie der Süden; doch so ich mein Auge dem Morgen zuwende, da hebt sich die sehnende Brust und die Lunge schöpft tiefere Züge aus der von dem Zeuger des kommenden Tages herwehenden Luft.

O, es wird mir so wohl und so leicht um das Herz, wenn das Auge die ersten, die zartesten Strahlen des werdenden Tages zu saugen beginnet.

Da denk' ich in solch' einer Stunde des frühesten Morgens: O Menschen, o Brüder, die da noch der leidige Bruder des Todes, der sündige Schlaf hält gefangen, erstehet, erstehet! zu schauen die heiligen Szenen des Morgens, wie Alles demselben zueilet, die Wölkchen, sie ziehen mit sichtbarer Freude dem herrlichen Morgen entgegen.

Die Vögel, die munteren Sänger, wie schwellen sie ihre befiederte Brust, zu begrüßen den werdenden kommenden Tag, und zu loben den heiligen Vater des Lichtes, Den sie zwar nicht kennen, also wie der Mensch; aber ihre geheiligte Ahnung läßt nimmer sie ruhen, sie fühlen die Liebe, die heil'ge des Schöpfers, und loben und preisen dieselbe durch ihre unnennbare Freude.

Die Blümchen der Gärten und Felder und Wiesen erstehen und streuen sehr duftend aus ihren allzartesten Kelchen in zahllosen klarsten Wölkchen die Opfer des Dankes und Lobes hinauf zu den Sternen, die da noch wie scheidende Freunde vom heller stets werdenden Himmel herab auf die Erde, sie segnend, noch hie und da blicken.

Der Mensch nur, der Mensch ja kann noch da schlafen, und träumen vom Tode, wo all' die zahllosen Schaaren mit wonn'erfülltesten Brüsten den kommenden Strömen des Lebens zueilen.

Die Wölkchen, die Blumen und zahllosen Heere von Thieren und Thierchen, die eilen erweckt vom ersten der Strahlen des goldenen Morgens, nicht wissend woher und wohin, um zu loben und preisen aus all' ihren Kräften den Schöpfer, den heiligen Vater, Den sie nur zu ahnen, doch nicht zu erkennen vermögen.

Die Menschen, die seienden Kinder des heiligen Vaters, begabt mit der höchsten der Gnaden des Lebens, begabt mit unsterblichem Geiste, die wollen den heiligen Vater nicht fröhlich erwarten am werdenden Tage, nicht loben und preisen den heiligen, liebvollsten Geber des ewigen Lebens.

O schämet euch Kinder; der Schlaf ist euch lieber, der Bruder des Todes, denn alle die nur gar zu herrlich vom Morgen her rauschenden Ströme des Lebens am werdenden Tage!

Erwachet, erwachet! o all' ihr Brüder, erwachet! und freu't euch des endlich doch einmal einbrechenden Morgens zu werdenden heiligen Tage, im Lichte der ewigen Sonne aus Gott! O nicht drehet euch mehr in dem Bette der Selbstsucht zum tödtlichen Schlafe; vernehmet das Rauschen der Ströme des Lebens vom goldenen Morgen! Der Vater, der heilige Vater Selbst kommt ja im sonnigen Kleide, in Wolken des Himmels, in heiligster Liebe zu uns! - So erwachet denn einmal doch, Brüder und Schwestern!

Hört, Brüder und Schwestern, es kommt ja der Vater, der heilige, liebvollste Vater kommt Selbst an diesem so lang' schon ersehneten Morgen zu uns; so erwacht denn, erwachet aus der langen, der tödtlichsten Nacht, und empfanget das ewige Leben am Morgen des werdenden heiligen Tages in Gott; sonst erreicht euch im Schlafe deß Bruder, der ewige Tod! O Du heiliger Vater, Du ewige Sonne des Lebens, erwecke, erwecke doch einmal die schlafenden Brüder, und laß sie schöpfen das Leben am heiligen Strome des ewigen Morgens der Liebe zu Dir, o Du heiliger Vater! Dein heiliger Wille geschehe!!!"
[PsG.02_017]