37. Das Verbergen des Herrn.
Da schreibe nicht - das Verbergen des HErrn; denn wohin solle sich der Unendliche und Allgegenwärtige verbergen? sondern schreibe dafür als Thema:
Das jeweilige periodische Blindsein der Menschen.
Woher dieses rührt beim Menschen? - Wann bei den Bessern, und warum manchmal sogar bei Frommen?

Es widmet sich ein Mensch den Wissenschaften aller Fächer,
Ein And'rer leert dafür der Wohllust tödlich giftgen Becher
Ein Dritter wähnt vor lauter Recht und tief erprobter Tudend
Ein Heil'ger gar zu sein, und schilt dabei der heitern Jugend;
Und so ist Jeder, Wen'ge ausgenommen, Eig'nes lobend,
Dahier ein Narr, und Dort vor lauter Hochmuthsfrevel tobend!
Es giebt gar Viele, die den Bauch als ihren Gott verehren,
Und and're, die sich nur nach eitler Pracht der Kleider kehren,
Auch Viele, die bald Dieß, bald Jenes sich zur Lieb`erkoren!
O Solche werden aus dem Geiste wieder nie geboren.

Wenn aber du voll Heiterkeit den reinen Tag genossen,
Ja, ob der Wunder Meiner Schöpfung manche Thrän' vergossen,
Dich emsig auch beweget hast den ganzen Tag in Freuden,
Und mochtest den Gedanken, auszuruhen, wohl vermeiden;
Und wenn der kühle Abend dann gesenkt sich hat zur Erden,
Und dich zur Ruhe zieh'n des Tages heitere Beschwerden,
Wenn du hernach gar bald im Schlaf die Augen hast geschlossen,
O, sage Mir, wohin, sich bergend, ist die Welt geflossen?
O sieh', nicht diese Szenen haben sich vor dir verborgen,
Dein Aug' vor ihnen nur; denn wieder siehst du sie am Morgen.

Wer möchte wohl sein Auge unverwandt zur Sonne wenden,
Und seine Blicke stets in's Centrum alles Glanzes senden?
Ja, wer das größte, stärkste LIcht der Lichter wohl ertragen,
Und sich mit seinem schwachen Licht mit Mir zu kämpfen wagen?
Der Sonne Frühlingswärme mag wohl Jeder gut erleiden,
Es liegen auch in solcher Wärme nur der Himmel Freuden. -
Doch wer da dächt': Die Engel schauen stets das Licht der Lichter,
Und wenden unverwandt nach Mir die sel'gen Angesichter,
Der möchte sich gewaltig irren; Licht ist nur zum Leuchten,
Zum Schau'n die Liebe nur. Das faßt, ihr Glaubensseichten!
Nachwort.
Siehe, in dieser einfachen, aber liebevollen Sangesweise ist die Ursache über das Verborgensein meines Wesens vom Anfange bis zum Schlusse vollkommen gezeiget; es ist gezeigt, daß die nicht Wiedergeborenen Mich gar nie sehen können und werden, so wenig die Ungeborenen das Licht der Welt; daß selbst die Ein=, Neu= und Wiedergeborenen in ihren Thatenmüde Mich auch nicht sehen, so sie sich auf Zeitlang schlafen legen im Geiste, und die Engel nicht der Vorbereitung zum Empfange höherer Seligkeiten wegen; siehe darin liegt Alles. - Liebet! so werdet ihr es empfinden, und glaubet, so werdet ihr es erschauen, daß es also ist. Amen. Das sage Ich, der sich nicht und nie verbirgt. Amen, Amen, Amen.
[PsG.01_037]