6. Glaube, Hoffnung und Liebe.
Es wankt der Pilger an dem schroffen Felsgestade,
Da grüßt kein wirthlich Haus des Heißbethränten Blick;
Wo bleibet wohl der Stern, der auf dem finst'ren Pfade
Mit sanftem Strahl erheitern möchte sein Geschick?
Nur hart empfängt die Nacht die sturmbewegten Wogen,
Kein sich'rer Hafen winkt am uferlosen Meer.
Der Sehnsucht trüglich Licht hat schon gar oft betrogen,
Und rathlos schwankt das schwache Lebensschiff umher.
Da leucht't auf einmal mild, gleich vielen kleinen Sternen,
Aus freien Himmelshöh'n ein Segensstrahl herab.
Vertrau' ihm fest, so wirst du Glauben kennen lernen,
Der wird dem Schmerz ein mächt'ger Trostesrettungsstab.
Du kennst den leisen Klang, der in des Herzens Tiefen,
So süß, so rein und mild, wie Engelsstimme tönt,
Die hehren Bilder weckt, die in der Seele schliefen,
Und, lieblich tröstend, dich selbst mit dem Schmerz versöhnt.
Den heil'gen Himmelsklang, den jedes Ohr verstehet,
Dem heiße Sehnsucht still in Morgenträumen lauscht,
Der sanft wie Frühlingshauch erquickend dich umwehet,
Also, wie da ein Bach durch blum'ge Fluren rauscht.
O sieh', die Hoffnung ist's, mit ihrem Saitenspiele,
Den Pilger sehr erheiternd auf der dunklen Bahn;
Sie zeigt voll Huld und Mild' am fernen Wanderziele
Den lichten Siegeskranz, den wir eh' trüb nur sah'n.
Kennst auch den warmen Quell, der lebenbringend fließet
Im duft'gen Blumenkelch, wie in des Menschen Brust,
In's eb'ne Friedensthal sich klar und sanft ergießet,
Uns allzeit segnend tränkt, mit süßer Himmelslust? -
Der lächelnd sich in bunte Blumenufer windet,
Wie so ein Silberband auf dem smaragd'nen Grün,
In dem ihr treues Bild die Unschuld wieder findet,
Wenn still geröthet hehr die zarten Wangen glüh'n.
Es ist die Liebe, die da unter Blüthenbäumen
Als ein gar fröhlich Kind in süßen Träumen lebt,
Das heiter blickt nach jenen lichten Himmelsräumen,
Aus denen sie - die Lieb' zu uns herab geschwebt.
O möcht' des Glaubens Stern stets deine Nacht verschönen,
Sein heil'ger Gnadenquell dein hoffend Herz erfreu'n,
Und möcht der Liebe heller Klang in dir ertönen,
So wird das höchste Glück mit dir den Bund erneu'n!
[PsG.01_006]